Radtour durch das Taubertal
Fünftägige Radtour mit Zelt, Hänger und Hund entlang der Tauber. Die Reise unternahmen wir vom 18. bis 24. Juni 2018. Zauberhaft.
Im Juni startete ich meine mehrtägige Radtour durch das "liebliche Taubertal", so die tourismusseitige Bezeichnung des kleinen Flusses, der in der Nähe der bayerischen Frankenhöhe entspringt und sich etwa 130 Km abwechselnd durch Bayern und Baden-Württemberg schlängelt, um bei Wertheim in den Main zu münden.
Besonders neugierig war ich natürlich auf die Erfahrungen mit Hund im Schlepptau bei ansonsten vollgepacktem Fahrrad. Camping war angesagt - was auch sonst.
Die Anreise
Es war natürlich wie (fast) immer. Eigentlich schon im Urlaubsmodus, aber dennoch den halben Tag gearbeitet und um 14:00 einen "unaufschiebbaren Termin" reingeschoben, dann nach Hause und die restlichen Vorbereitungen getroffen. Letztendlich habe ich dann alles in das Auto quasi geworfen, damit ich endlich loskam. Es war ja schließlich schon beinahe 17:00.
Gegen 20:40 bin ich dann mit Nestor am vermeintlichen Campingplatz eingetroffen. Es waren vielmehr ein paar hundert Meter Dauercamper in einer Reihe am Main gelegen. Diese getrennt durch deren jeweiligen Zäune, dann gegenüber Stellplätze. Sehr schlicht und mir ehrlich gesagt zu einfach, denn die sehr, sehr einfachen Sanitäranlagen (eine Dusche, zwei Toiletten) gut 250 Meter weg über eine Brücke über ein Bächlein. Insgesamt eine nette allgemein zugängliche Anlage für Freizeitler, Angler etc. Gewiß, alles ganz nett. Aber die Straße in unmittelbarer Nähe mit nachts viel LKW-Verkehr hat dann die Nacht ziemlich unruhig werden lassen. Wie auch immer. Ich brauchte, wie sich tags drauf herausstellte, nichts zahlen, weil ich mich hinter und nicht auf einen der Stellplätze gestellt hatte. Der Mann, der am nächsten Tag vorbeikam, war ein sehr agiler, netter 75-jähriger Mann, dem man sein Alter nicht ansah - und mir nichts abkassierte: eben darum. Obwohl ich den Schlüssel zur sanitären Einrichtung von einem Dauercampingpärchen bekommen hatte. Die waren sehr nett und hilfsbereit. Die Frau schenkte mir sogar noch drei Bier(!). Oha, was muss ich für einen Eindruck gemacht haben ...
Der erste Tag
Das Sortieren und Einpacken nur der wirklich benötigten Klamotten benötigte heute morgen noch mal locker zwei Stunden. Alles, was mit muss, raus aus dem Auto. Also erstmal alles, um dann zu sortieren. Bin trotzdem entspannt gewesen, weil ich mir gesagt hab, ich hab ja Zeit und es ist völlig egal, ob ich um 10:30 oder 11:30 loskomme. Dank des schönen Sommerwetters habe ich da schon gut geschwitzt.
Rothenburg liegt gute 80 Km südwestlich und es geht teilweise recht hügelig daher; um nicht zu sagen, so steil, daß ich so manches Mal (bei dem Gewicht mit Packtaschen und Fahrradhänger und Hund) schieben musste. Aber ich hatte keinen Campingplatz ausmachen können und so fuhren wie die Tauberroute verlassend, von Bad Mergentheim (wo, wie ich später erst feststellen sollte, doch ein Campingplatz ist) nach Weikersheim. Das sollte kein Verlust sein. Ort und Platz waren klasse! Das Ehepaar hat viel Liebe in die Unternehmung gesteckt, alles ist mit viel Liebe zum Detail hergerichtet, modern und schick, die Lage ist herrlich ruhig und dörflich und die sanitären Anlagen funkelnagelneu.
Der zweite Tag
Bieberehren an der Tauber war auch noch Station auf unserem Weg nach Creglingen, wo unser nächster C-Platz lag, etwa 5 Kilometer abseits unserer Route "auf der romantischen Straße".
Es hat sich gelohnt. Es war zwar arg steil mit Fahrrad dorthin, aber die Lage war klasse, die Betreiber nett und hilfsbereit (ich konnte abends immer meinen Akku vom Fahrrad aufladen). Ich blieb zwei Nächte und es war auch für Nestor ein Vergnügen am Münstersee, wo er auch fleißig baden ging und am ersten Tag viele interessante Kumpel kennenlernte.An diesem Mittwoch fuhr ich lediglich 28 Kilometer. Es reichte vollkommen. Außerdem ist es eine Höchstleistung, die ich bisher meinem kleinen Nestor abverlangt habe. Und der Süße macht alles so treu ergeben und voller Vertrauen in die Sache mit. Und das mit seiner Natur des Enthusiasmus, die einfach nur beeindruckend ist. Immer fröhlich, immer aufgeschlossen und aufgeweckt.
Der Platz selbst ist auf mehreren Ebenen angelegt und schmiegt sich prima ins Landschaftsgebilde ein. Abwechslungsreich und für Caravan- und Wohnmobilsten ebenso geeignet wie für Radfahrer, die es gern auch etwas abseits lieben, vor allem mit Hund. Den Campingplatz empfehle ich gern.
Der dritte Tag
Abends vesperte ich also am Zelt. Es schmeckte wirklich vorzüglich mit den frischen regionalen Produkten und natürlich mit dem gewaltigen Appetit durch die Tagesetappe an frischer Luft. Und beherrschte mich leider nicht, öffnete und trank Schlückchen für Schlückchen den Wein dazu. Nach einer guten Stunde war die Flasche leer und ich verhältnismäßig voll. Auf dem Weg zur Rezeption zum Akku aufladen blieb ich vor der Restauration stehen und kam ins Gespräch mit den Einheimischen. Ich dachte zuerst, die wären zu einer Fortbildung da, weil die so technisch daherredeten. Im weiteren Verlauf stellte sich aber heraus, daß die alle aus dem Dorf kamen und den Wirt / C-Platzbesitzer sehr gut kannten. Themen hatten wir viele, u.a. E-Räder und Pedelecs. Wir disktutierten bestimmt zwei Stunden, bevor sich alles auflöste. Ich trank zwar nur noch zwei kleine Glas Rotwein, merkte aber am nächsten Morgen meinen vorabendlichen Weingenuss.
Der vierte Tag
An diesem letzten Tag des Radreisens sollte es bis 19:00 Uhr und 85 Kilometer dauern, bis wir wieder in Wertheim geschafft, um nicht zu sagen, erschöpft ankamen. Diesmal ohne Umweg oder Verfahren. Ich hätte es auch ruhiger angehen können, aber ich hatte einfach null Nerv, womöglich im Gewitterregen nochmal mein Zelt rausholen und so weiter.
Diese Tagesetappe ging ich trotz größter Tagesstrecke unserer ersten mehrtägigen Fahrradreise relativ entspannt an. Das lag dadran, daß mir a) der "bärtige Angestellte" sagte, man könne die Tour ohne weiteres an einem Tag machen und b) das Wetter insgesamt standhielt und sich zum Nachmittag vermehrt die Sonne zeigte und c) ich wenige Kilometer nach dem Losfahren eine Frau (mit einem enorm langgeflochtenem Zopf begegnete. So einen langen Zopf habe ich noch nie gesehen). Man, war der lang und dick. Diese kam mir entgegen, ebenfalls mit sportivem Pedelec, Fahrradanhänger und einem 12 Monate jungen weißen Labrador. So kamen wir ins Gespräch und die Hunde zum Spielen. Auch sie sagte mir, von dort nach Wertheim könne ich ohne Bedenken schaffen. Ferner sagte sie, sie habe mich vor zwei Tagen schon gesehen auf meiner Hintour. So plauderten wir noch eine Weile und dann fuhren wir weiter.
Ein Fazit dieser Tour ist zB., dass man immer großzügige Pausen für die Begleitung einplanen muss. Und ein Hund braucht besondere Berücksichtigung, da dieser nicht meckert und zetert. Dafür braucht es zwingende Aufmerksamkeit. Ich legte ohnehin immer mal Pausen ein, wo ich explizit mit Nessi spielte und tobte. Er ging natürlich häufig ins Wasser, sein Element, das er heiß und innig liebt! Und auch gelegentliche Unterweisungsübungen und Gehorsamsübungen sind tagsüber von mir stets eingebaut worden. Ein Hund wie Nestor will auch geistig gefordert werden. Aber das gilt eigentlich schließlich für jeden Hund.
Gegen 19:00 sind wir wieder am Ausgangspunkt zurückgekehrt. Innerhalb von vielleicht einer viertel Stunde verstaute ich das ganze Reiseequipement und wir fuhren zum nächsten "echten" Campingplatz fünf Kilometer weiter an den Main. Riesengroß zwar, aber wir bekamen einen Platz direkt am Main und dort entspannten wir uns zusehens. Ich mag in der Regel nicht solche Massenkonzentrationen von Menschen auf Campingplätzen. Vieles relativierte sich. Die sanitären Anlagen waren zwar weit weg, aber auch dafür ausgelegt, Massen an Campinggästen gleichzeitig aufzunehmen. Seltsam, aber es hatte mich nicht gestört. Vielleicht, weil immer eine oder mehrere Toiletten und Duschen gleichzeitig frei waren. Vielleicht auch, weil die beiden jungen Brüder, die den Campingplatz gerade von ihren Eltern übernommen haben, sehr hilfsbereit und freundlich waren.
Und Hund & Herrchen waren auch echt geschlaucht und freuten uns auf zwei geruhsame Nächte von Freitag zu Sonntag direkt am Main. Samstag wollte ich meine Aufmerksamkeit Wertheim schenken. Dort schlendern, bummeln, Impressionen sammeln und - wie sich rausstellen sollte, noch reichlich Campingmöbel einkaufen.
Der fünfte Tag
Auf meiner Recherche nach einem brauchbaren Campingtisch las ich, daß Hymerworld in der Nähe von Wertheim sein soll. (Zum Verbleib in meinem Minicamper stand das schon länger auf meiner Liste.) Es war erst um die 13:00 Uhr, die "Hymerworld" (immer diese albernen Anglizismen...) hat Samstags bis 16:00 geöffnet und lag am gleichen Ort wie der Campingplatz; von dort keine 3 Kilometer entfernt. Meine ursprüngliche, aber nicht allzu ernsthafte Absicht, die Burg und Ruine Wertheims zu besichtigen, warf ich über den Haufen. Da Schlösser und Burgen die Eigenschaft haben, immer oben auf einem Berg gebaut worden zu sein und Nestor und ich reichlich erledigt waren von der Reise und ich keine Lust mehr auf starke Steigungen hatte, fiel die Entscheidung nicht schwer. Zumal leider meistens eine Besichtigung mit Hund auch nicht möglich ist.
Also auf in die "Hymerworld". Dort hätte ich mir gerne noch die große Dauerpräsentation der aktuellen fetten Camper ( die idR. alle nicht meinen Geschmack treffen), angeschaut. Das eine oder andere brauchbare Gefährt wäre aber vielleicht trotzdem darunter. Aber nach dem Kauf von Campingtisch, Campingstuhl mit Beinteil spürte ich ein unbändiges Verlangen nach Ruhe und Erholung direkt am Main bei Kaffe und Kuchen und Nessi bei Wasser und Knochen. Wir waren wirklich völlig erledigt! Vielleicht hat der (außerplanmäßige Kauf der Sitzgelegenheit) den Wunsch nach klassischem Abhängen und Ausruhen verstärkt. Wer weiß das schon ...? Bei Gelegenheit frag ich mal meinen Psychologen.
Abends gab es wieder Antipasti, wovon ich ja reichlich gekauft hatte. Dann spielte Deutschland gegen Schweden, was ich eigentlich nicht sehen konnte. Aber der unterbrechungsfreie starke Empfang von LTE und meiner großzügigen Datenflatrate drängte sich geradezu auf. Ich wollte eigentlich diese Zeilen in die Kiste kloppen. Aber ich linste immer wieder nach dem Spiel. Ganz oder gar nicht. Dann also ganz. (Es war eine spannende Partie, die die deutsche Mannschaft mit viel Glück im letzten Moment sich sich entschied mit 2:1.)
Das war der letzte komplette Tag unserer mehrtägigen Fahrradreise mit Zelt, Fahrradhänger (14,5 Kilo), fünf Packtaschen (geschätzte 18 Kilo) und Hund mit etwa 40 Kilo auf einem Utopia London pedelec mit einem Akku, dessen Reichweite in "economic", also der geringsten Unterstützungsstufe, die ich fast immer wählte (oder gar keine in der Ebene).
Mein Fazit: schön, dass wir diese wunderbare Radtour gemacht haben 👍